INHALTSVERZEICHNIS Großenlupnitz

  1. Kurzvorstellung der Kirche 
  2. Geschichte der Turmuhr Großenlupnitz
  3. Zur Kirchengeschichte von Großenlupnitz- Vom Mittelalter bis zur Reformation
  4. Von der Reformationszeit bis zum 18. Jahrhundert (Pfarrerfolge bis heute)
  5. vom 19. bis 20. Jahrhundert

"St. Peter und Paulskirche" Großenlupnitz

(Innenraum: 24,00 m x 7,50m)
(Turm:  4,40 m x 3,35 m)

Der Ort wurde zum ersten mal 779 urkundlich erwähnt. Karl der Große schenkte die auf seinem "Fiscus" Lupentia stehende Peterskirche mit Zubehör und dem Zehnten den Lupnitzer königlichen Gutes dem Kloster Hersfeld. 1014 erhielt das Kloster Fulda von Kaiser Heinrich II. den Wildbann (reserviertes Jagdgebiet) in der gesamten Mark Lupnitz.

Großenlupnitz an der Nesse war von Anfang an Sitz einer Urpfarrei, und somit unterstanden ihm, wie noch 1506 vermerkt war, die Pfarreien von Wenigenlupniitz, Melborn, Sättelstädt, Schönau, Farnroda, Mosbach und Eisenach. Später übernahm das Marienstift in Eisenach als Sitz des Archidiakonats die alten Dekanate Lupnitz, Mihla, Creuzburg und andere. Das Kloster St. Nikolai, das Stift unserer lieben Frauen und die Kartäuser besaßen in Großenlupnitz Güter und Einnahmen. Diesen Besitz erwarb 1503 der Kurfürst Friedrich der Weise. Seitdem gehörte Großenlupnitz zum Amt Eisenach. 
Bis in die Reformationszeit standen im Ort zwei Kirchen: eine hersfeldische, die den Aposteln Peter und Paul geweiht war, und eine fuldaische, die Bonifatiuskirche. 1528 wurden beide Pfarreien zusammengelegt. Von der Bonifatiuskirche auf dem Pfaffenberg blieb nichts erhalten. 
1668 wurde an der Peter-und Paulskirche der verfallene Ostturm abgetragen und die Kirche um "36 Schuh" vergrößert. Seit der Erneuerung von 1712-1716 steht der jetzige Turm an der Westseite. Damals erhielt die Kirche auch eine neue Orgel. An den Vorgängerbau erinnern noch spitzbogige Fenster und altes Mauerwerk. Ein flaches Tonnengewölbe bildet die Decke. Ein Triumphbogen, der den Altarraum im Osten vom Hauptraum trennt, fehlt in diesem Gotteshaus.
Mit dem dreiteiligen Altarschrein aus dem Jahre 1516 besitzt diese Kirche eine seltene
Kostbarkeit. Dieses Meisterwerk stammt wahrscheinlich aus der Werkstatt des Valentin Lendenstreich aus Saalfeld.
Die Holzschnitzereien zählen in dieser Art zu den besten ind der näheren Umgebung. Auffallend ist die Ähnlichkeit des Schreines mit dem in der Eisenacher Nikolaikirche. Im Hauptteil wird die Beweinung Christi dargestellt. Diese Gruppe umgeben rechts der Apostel Paulus mit Schwert, darunter die heilige Barbara mit Turm und links der Apostel Petrus mit dem Schlüssel und im unteren Teil eine Heilige ohne Attribut. 
Die Gemälde auf den Seitenflügeln zeigen die elf Apostel mit ihren besonderen Kennzeichen und außerdem den heiligen Bonifatius. Die Bilder auf dem geschlossenen Altar geben die Passionsgeschichte wieder: Christus in Gethsemane, die Aufpressung der Dornenkrone, die Geißelung an der Martersäule und die Kreuztragung. Der geschnitzte Hauptteil des Altars ist 173 cm lang und 173 cm hoch, die Seitenflügel sind je 86 cm breit. Oben auf dem Altarschrein stehen Büsten von vier weiblichen Heiligen. 
Bilder an den Emporen machen den Gottesdienstbesucher mit der Bibel vertraut. Zu sehen sind Propheten und Evangelisten, biblische Szenen und Sprüche. Ein Bild zeigt die Fällung der "Bonifatiuseiche".
Fünf Ölgemalde, die ehemalige Pfarrer aus dem 17. und 18. Jh. darsstellen, hängen an den Wänden des Langhauses und im Altarraum. Nicht mehr in der Kirche, sondern im Eisenacher Museum in der Predigerkirche, befindet sich seit 1909 eine aus Holz geschnitzte Maria mit dem Leichnahm Christi auf dem Schoß, als Leihgabe.
Das Schutzdach am Eingang zur Kirche, das auf zwei hölzernen Säulen ruht, wurde erst 1932 vorgebaut.

"Imanuel" Kirche Beuernfeld

Filial von Großenlupnitz
(Innenraum: 13,60m x 7,70m)

Beuernfeld an der Böber mit Bolleroda gehörte ursprünglich dem Kloster Fulda, bis im Jahre 1414 die Eisenacher Karthäuser die Güter kauften und damit wohl auch das Lehnsrecht erhielten. 

Die Kirche, im Jahre 1713 neu errichtet, ist ein kleines, bescheidenes Bauwerk. Der Innenraum ist ein rechteckiger Saal,  ohne Chorbogen oder Nischen, den eine flache Brettertonne überwölbt. Aber beachtenswert sind die Gemälde an den zweigeschossigen Emporen, die, eingefügt in einen landschaftlichen Hintergrund, biblische Gestalten abbilden. Es sind die vier großen Propheten und die vier Evangelisten. Jedem Bild ist ein Bibelwort zugeordnet. Diese künstlerisch wertvollen Gemälde, die man kaum in einem so bescheidenen Gotteshaus vermutet, stammen aus der Bauzeit. Auch die Kanzelbrüstung ist mit dem Bild "Christus mit der Siegesfahne" geschmückt. Der Altar steht an der Ostseite. Eine Glocke aus dem Jahre 1953 trägt, wie ihre Vorgängerin, die Inschrift "Soli Deo Gloria- Gott allein die Ehre".

Kirche Stockhausen

Filial von Großenlupnitz
(Innenraum: 11,90m x 6,70m)

Ursprünglich gehörte der Ort, er liegt an der Nesse, den Fürsten und Grafen von Henneberg. Nach dem Erlöschen ihrer Linie übernahm das Herzogtum Sachsen-Gotha 1670 diesen Ort. 

Die Kirche wurde 1671 erbaut und 1750 erneuert. Sie liegt auf einer Anhöhe an der Fernstraße nach Langensalza. An ihrer Ostseite steht ein Turm mit Schweifkuppel. Das rechteckige Langhaus wird von einem Tonnengewölbe überdeckt. Die zweigeschossigen kunstlosen Emporen stehen auf vierkantigen Säulen. Der Altar aus Stein enthält eine Nische, wie sie die katholischen Kirchen zur Aufbewahrung von Reliquien haben. Den Taufstein in Form eines Kelches zieren vier geflügelte Engelsköpfe. Den Schaft schmücken vier in Stein gemeißelte Akanthusblätter. Diese Steinmetzarbeit verweist auf die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. 
Eine im 2. Weltkrieg abgelieferte Glocke konnte 1946 im Glockensammellager Ilsenburg aufgefunden und zurückgeholt werden. 
Für Gemeindeveranstaltungen und Christenlehre wurde 1987/1988 ein Gemeinderaum in die erste Empore eingebaut.

Geschichte der Turmuhr Großenlupnitz

Die Geschichte der Turmuhr der Kirche in Großenlupnitz
erbaut 1850 von Uhrmacher Friedrich Stephen

(Quelle: Archiv der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland in Eisenach)

 12. Januar   1850

Der Uhrmacher Friedrich Stephen aus Großenlupnitz erstellt einen Kostenvoranschlag inkl. einer Beschreibung der zu verwendenden Materialien und Teile für eine neue Turmuhr mit zwei Zifferblättern. Kosten: 110 Thaler

 15. Januar 1850

Pfarrer Sesemann schreibt an das Großherzogliche Sächsische Consistorialamt in Eisenach (später Kircheninspektion, danach Kirchenamt genannt). Er beschreibt den schlechten Zustand der vorhandenen Turmuhr, die mehrfach "bedeutend und kostspielig" repariert wurde und trotzdem seit Jahren "nur einen unsicheren Gang hält und denselben öfters gar einstellt".


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23.Januar 1850

Das Consistorialamt legt fest, dass durch einen Großuhrmacher die Angaben von Pfarrer Sesemann und vom Uhrmacher Stephen geprüft werden sollen.

30. Januar 1850

Von einem Herrn Baltzer wird der Hofuhrmacher Zwetz aus Eisenach dafür vorgeschlagen und anschließend mündlich beauftragt.

15. April 1850

Hofuhrmacher Zwetz teilt in seinem Schreiben an das Consistorialamt Eisenach mit, dass er sich nach mündlicher Beauftragung nach Großenlupnitz begeben hat. Er hat die alte Uhr besichtigt und ihr einen "sehr mangelhaften Zustand" bescheinigt . Die "Lager der Zapfen sind ausgeschlagen" und "mit einer Reparatur werden keine Vorteile zu erreichen sein". Anschließend begab er sich zum Uhrmacher Stephen, um seine Arbeit und die bereits gefertigten Teile der neuen Uhr zu prüfen. Er bescheinigt "eine gute Arbeit". Er schließt seinen Brief mit dem Satz: " Dem Auftrag die neue Uhr zu prüfen, werde ich mich seiner Zeit gerne unterziehen".

19.April 1850

Das Consistorialamt Eisenach schickt zwecks Genehmigung den Consistorialbericht "Die Herstellung einer neuen Turmuhr zu Großenlupnitz betreffend" an das Großherzogliche Sächsische Staatsministerium nach Weimar.

4. Mai 1850

Das Staatsministerium genehmigt den Neubau der Uhr. Den dafür erforderlichen Aufwand soll die Gemeindekasse zu Großenlupnitz bestreiten.

15. Mai 1850

Herr Baltzer vom Consistorialamt Eisenach schreibt erneut an das Staatsministerium und erläutert nochmals den dringend notwendigen Neubau und bittet um Übernahme des Kostenaufwandes. Er schließt mit den Worten: "Die weitere Erschließung der Sache jedoch lediglich höheren Ermessen anheim gebend, fügen wir die ergangenen Acten an und verharren in tiefer Verehrung". Unterschrift: Gustav Baltzer

19. Mai 1850

Das Consistorialamt Eisenach teilt dem Pfarramt und dem Ortsvorstand zu Großenlupnitz mit, dass der Bau der neuen Turmuhr am 04. Mai 1850 genehmigt wurde, den erforderlichen Aufwand abe die Gemeindekasse zu bestreiten habe.

13. Juni 1850 

Pfarrer Sesemann schreibt an das Consistorialamt Eisenach und teilt mit, dass die Gemeinde den Aufwand nicht bestreiten kann, weil sie verschuldet ist, die Kirche aber "ein hübsches Vermögen hat". "Der Vorstand läßt demgemäß die dem hohen Ermessen übergebene Bitte vorlegen, dass die Gemeinde nur die Hälfte beitrage".

7. Juli 1850

Das Consistorialamt reicht das Anliegen von Pfarrer Sesemann an das Staatsministerium nach Weimar weiter. Am 21. Juli 1850 erfolgt die Antwort, in welcher lediglich auf die Genehmigung vom 4. Mai mit seinen Festlegungen hingewiesen wird.

 

 

Leider gibt es keinen weiteren Schriftwechsel zur Fertigstellung der Turmuhr und wer letztendlich die Kosten übernehmen musste.

Weitere vorhandene Dokumente berichten über durchschnittliche Einnahmen und Ausgaben des Pfarramtes zu Großenlupnitz für die Jahre 1818 bis 1828. Insbesondere werden hier die jährlichen Kosten von 1800 bis 1846 für die Pflege der alten Turmuhr durch den Schullehrer und Reparaturen der Turmuhr durch den Uhrmacher Stephen aufgeführt.

Im Zusammenhang mit der Begutachtung der alten Turmuhr im April 1850 durch Hofuhrmacher Zwetz aus Eisenach ist der Rechtsstreit dokumentiert, weil er für die Begutachtung seinen Aufwand nicht erstattet bekam. Das Großherzogliche Justizamt drohte sogar mit Pfändung. Der Rechtsstreit endete erst im Oktober 1851.

 

Anmerkung: Wörtlich übertragene Textbereiche sind mit "Ausrufungskennzeichen" versehen.

Quelle: (Juli 2015 W. Bachmann)

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Großherzogliches S(ächsisches) Consistorial Amt!
Die hiesige Turmuhr hält schon seit Jahren einen unsicheren Gang und stellt denselben öfters gar ein. Es ist hin und wieder an derselben repariert worden, öfters bedeutend und kostspielig;der verstorbene Uhrmacher Stephen hat aber schon vor längerer Zeit erklärt, dass Ausbesserungen keine Gühte gäben, ein Neubau wäre unumgänglich nöthig, wenn man eine richtig gehende Uhr haben wollte.
Um dem Übel abzuhelfen, was auch gebürlich nicht geduldet werden darf, hat die Gemeinde mit ihrem Vorstande dazu sich verstanden, eine neue Uhr herstellen zu lassen und einen Plan und Anschlag von dem jüngeren Stephen, Sohn des Verstorbenen, ans Pfarrhaus einzugeben, mit dem Antrage, solchen an Großherzogl. Consistorialamt einzugeben und geziemend um Neubau zu bitten.Indem deas Pfarramts des längeren ergangenen Gesuchs sich entledigt, legt es den Anschlag bei und bezeugt der Wahrheit gemäß das hohe Bedürfnis eines besten Zeitmaßes. 

Pfarramt Großenlupnitz den 15. Jan. 1850
                            Sesemann




Anmerkung: Der Inhalt des Briefes wurde zeilenweise wörtlich übertragen. Abkürzungen sind zum besseren Verständnis teilweise vervollständigt übertragen. Erläuterungen sind kursiv geschrieben. (Juni 2015 W. Bachmann)

Kostenvoranschlag des Uhrmachers

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Friedrich Stephen vom 12. Januar 1850

Anschlag und Stigulation (Beschreibung) über den Bau einer neuen Thurm-Uhr, für die Gemeinde zu Großenlupnitz. Getachte Uhr, als sogenante Stunden-Uhr Längstituirt, soll auf zwei Zifferplättern die Stunden zeigen, und auf eine Glocke mittelst eines Hammers dieselben anschlagen. Zu solche dessen soll getachte Uhr, und denen Bestandteile hir näher beschrieben werden, wie folget: 
a. Das Eisen zum Gehäuse soll 2" (Maßeinheit Zoll) breit und 1/2" stark sein.
b. Die zwey Bodenräder sollen jedes 19 bis 20" im Durchmesser und 1/2" stark sein. 
c. Die zwey Mittelräder sollen 12 und 17" Durchmesser und 3/8"stark sein.
d. Das Zehlrad soll 15-16" Durchmesser und 3/8" Stärke haben. 
e. Das Steigerad soll von hartem Messing gegossen 8" im Durchmesser und 3/8"stark sein.
f. Der Anker, welcher mittelbahr des Perpentikels, das Steigerad reguliert, soll von Englischem Stahl gefertigt, gut gehärtet, und bollirt (polliert) sein. 
g. Sämtliche Spindeln, sowie such die Krenze, mit welchen die Räder an die Spindeln befestigt werden, sollen fein abgezogen, und die Zapfen der Spindeln sollen abgedreht, gut gehärtet, und bollirt sein. 
h. Sämtliche Zapfen sollen in Metallene Bücsen (Büchsen=Lager) laufen. 
i. Sämtliche Getriebe sollen abgedreht, gut gehärtet, und bollirt sein.
Es sollen über alle Theile der betreffenden Uhr, gut sauber, und zeitgemäß. mit einem Wort fehlerfrey gearbeitet sein. 

Eine solche nach vorliegender Stigulation beiläufig beschiebenen Uhr, nebst der zum Schlagwerk nöthigen Hammer und Hammerzügen liefere ich der Gemeinde zu Großenlupnitz für die Summa von einhundert und zehn Thaler, mit Ziffer 110 (Thaler) Garant. und zugabe der alten Uhr, wie solche gegenwärtig vorhanden ist. ??????? sind Leinen und Flaschenzüge. 
Ich verpflichte mich hiermit, für gute Contractmäßiche Arbeit, wie auch für den regelmäßigen Gang der Uhr, zehn Jahre Garantie zu leisten, nämlich dergestalt, dass ich alle Reparaturen, welche sich ohne äußere Einwirkung, im Laufe der nächsten zehn Jahre vorfinden unendgeltlich besorge. 

Die Hauptgrundlage des regelmäßigen Ganges, ist unstreitich eine bünktliche behandlung der Uhr, ich mache mir deshalb die Bedingung, dass die Uhr nur von einem zuverlässigen Mann aufgezogen, und von mir selbst alle Jahre gereinigt werde, was aber noch besonders vergütet werden muss. 

Die ?????summe soll zur helfte bei der Aufstellung der Uhr, bezahlt werden, die andere helfte lasse ich ein Jahr verzinzlich stehen, und sollte nach verlauf des Jahres herausgestellt haben, das die Uhr nicht so, wie ich hir versprochen: oder gar undauglich erklärt sei, so nehme ich solche, ohne auf endschädigung ansprüche zu machen, wieder zurück. 

Friedrich Stephen, Uhrmacher 
Großenlupnitz, den 12ten Januar 1850


Anmerkung: Der Inhalt des Briefes wurde zeilenweise wörtlich übertragen. Abkürzungen sind zum besseren Verständnis teilweise vervollständigt übertragen. Erläuterungen sind Kursiv geschrieben. 
Zwei Worte konnten leider nicht entziffert werden.                                (Juli 2015 W. Bachmann)

Uhrwerk

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Gewichte

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Zur Kirchengeschichte von Großenlupnitz

Quelle: Hagen Jäger Festschrift zur 1225 Jahre Großenlupnitz

Die Geschichte des Dorfes Großenlupnitz ist eng mit der Geschichte der Peter- und Paulskirche verbunden. Die erste urkundliche Erwähnung von Lupentia betrifft die Peterskirche, die heute noch das bedeutendste Bauwerk des Dorfes ist. Die Kirche war mehr als ein Jahrtausend gesellschaftlicher und kultureller Mittelpunkt für die Bewohner von Großenlupnitz, Ort der Gottesdienste und des Gebetes, der Freude und der Trauer.

 

Wann und von wem die Peterskirche in Großenlupnitz gegründet wurde, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Geht man davon aus, dass sie in der Urkunde vom 13. März 779 erwähnt wird, ist anzunehmen, dass sie bereits einige Zeit bestand.

 

Ihre Gründung durch den Missionar Thüringens, den Heiligen Bonifatius, ist möglich, lässt sich aber nicht beweisen. Bonifatius gründete christliche Kirchen in Deutschland oft an Orten, wo bereits germanische Heiligtümer bestanden.Geht man davon aus, dass das Dorf Lupentia schon vor der Kirchengründung existierte, kann man vermuten, dass sich an der Stelle der Kirche einst ein germanisches Heiligtum befunden hat. Auffallend ist ebenfalls, dass auf dem rechten Außenflügels des Großenlupnitzer Altares eine Darstellung des Heiligen Bonifatius zu finden ist. Möglicherweise geht dies auf eine alte Überlieferung zur Gründung der Kirche von Lupentia zurück. Zur Zeit der Ersterwähnung der Peterskirche 779 war sie mit den für ihren Bestand und den Gottesdienst nötigen Einkünften versehen. Es gab einen Priester, der regelmäßig die Messe las und sein Einkommen aus dem kirchlichen Landbesitz bezog. Weitere Abgaben erhielt zunächst der Mainzer Bischof Lull, später das Kloster Hersfeld. Ob Lupentia ein Zentrum für die christliche Mission der Umgebung war, lässt sich heute nicht mehr sagen.

 

Für das hohe Alter der Großenlupnitzer Kirche spricht ihr Name. Sie war dem Apostelfürsten Petrus geweiht. Man kann beobachten, dass sie ältesten Kirchen Thüringens oft Peterskirchen sind. Seit der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts wurden von den Fanken Kirchen und Klöster in Thüringen gegründet, die dem Apostel Petrus geweiht waren. Nimmt man diese Beobachtung auf und stellt einen Zusammenhang mit der Organisation des Lupnitz-Fiskus her, denn kann man vermuten, dass die Großenlupnitzer Kirche am Ende des 7. oder zu Beginn des 8. Jahrhunderts gegründet worden ist.(1)

 

Die Ersterwähnung von Lupnitz geht auf eine Urkunde des Frankenkönigs Karl zurück. In ihr überträgt er die Peterskirche mit ihren Einkünften dem Kloster Hersfeld, königlicher Eigenbesitz geing in kirchlichen Besitz über. Das bedeutete aber nicht, dass der König dem Kloster den ganzen Ort übereignete. Er besaß noch nicht einmal das gesamte Land im Lupnitz-Fiskus. Das Kloster Hersfeld bestimmte aber fortan über kirchliche und weltliche Angelegenheiten in Lupentia. Es erhob und bezog festgesetzte Abgaben und Einkünfte aus dem Landbesitz und mußte sich mit anderen Landbesitzern im Lupnitz-Fiskus auseinandersetzen, dem König, verschiedenen Privatpersonen und anderen Klöstern. so sind die Quellen, aus denen wir etwas über die Geschichte von Großenlupnitz im Mittelalter erfahren, zumeist Urkunden über Rechtsakte und Beschlüsse, die mit dem kirchlichen und weltlichen Landbesitz verbunden sind.

 

Neben Hersfeld spielt das Kloster Fulda eine wichtige Rolle in der früh- und hochmittelalterlichen Geschichte von Großenlupnitz. Wann Fulda im Fiskus Lupnitz zu Landbesitz kam, ist nicht mehr mit Genauigkeit feststellbar. Nach 900 hat ein ansonsten nicht weiter bekannter Belesta dem Kloster Fulda Besitz in Lupnitz ("in Lupence marca") übertragen. (2) In einer Urkunde von 979 wurde durch die Entscheidung Kaiser Ottos II. ein langwieriger Streit zwischen den Klöstern Hersfeld und Fulda wegen der Schifffahrt auf der Hörsel entschieden. Das Kloster Fulda fühlte sich wegen des Baues eines Wehres oder einer Fischreuse ("gurgustium") durch die Hersfelder in der Schifffahrt auf der Hörsel im Lupnitzgau ("Lupinzgouve") behindert. Die Fuldaer haben zu dieser Zeit offensichtlich die Naturalabgaben ihrer Besitzungen auf Schiffen bis nach Fulda transportieren lassen. Waldemar Küther vermutet, dass im 10. Jahrhundert bereits das Kloster Fulda einen größeren Einfluss auf das Gebiet des ehemaligen Fiskus Lupentia hatte als Hersfeld. (3) Auffallend an dem Streit ist, dass sich um seine Schlichtung hochrangige Vertreter des Reiches bemühten, so der Bischof Theoderich von Metz, Hildebold, der Provisor des Bistums Worms u.a. .

Letzmalig taucht der Name Lupnitz in einer Kaiserurkunde im Jahr 1014 auf. Am 30. Dezember genannten Jahres übertrug Kaiser Heinrich II. dem Kloster Fulda den Wildbann in der Mark Lupnitz. Das bedeutete, dass das Kloster Fulda fortan das Jagdrecht in Lupnitz und der weiteren Umgebung besaß. Dieses übte es jedoch nicht selbst aus, sondern verpachtete es an andere weiter. Durch wen Fulda den Wildbann im 11. Jahrhundert ausüben ließ, ist jedoch nicht bekannt.

 

Im Zusammenhang des großen Einflusses des Klosters Fulda in Lupnitz steht auch die Tatsache, dass es neben der Peterskirche eine weitere Kirche in Lupnitz gegeben hat. Sie war dem heiligen Bonifatius geweiht und unterstand dem Kloster Fulda. Die Bonifatiuskirche und ihr Landbesitz wurde 1528 mit der Peterskirche vereinigt. In den folgenden Jahrhunderten ist sie verschwunden. Heute kennt man nicht einmal mehr ihren einstigen Standort.

Es ist zu vermuten, dass sie sich im Ortsausgang Richtung Wenigenlupnitz befand, denn im Garten des Grundstücks Anger 62 werden immer wieder menschliche Gebeine ausgegraben, was darauf schließen läßt, dass sich hier der Friedhof der Bonifatiuskirche befand. Unbekannt ist auch, wann diese Kirche gegründet wurde. Da 1269 eine obere Kirche in einer Urkunde benannt wird, kann man daraf schließen, dass es zu   dieser Zeit eine weitere Kirche, also die Bonifatiuskirche in Lupnitz gab. (4)

 

Neben den Klöstern Hersfeld und Fulda erwarb auch das Kloster Frauensee in Lupnitz Land und Einkünfte. 1222 schenkte Hersfeld dem ihm unterstehenden Nonnenkloster Frauensee die Pfarrei Lupnitz. Bereits einige Jahre zuvor hatte es Landbesitz in Lupnitz erworben. In den Folgejahren erweiterte Frauensee seinen Besitz in Lupnitz weiter. Es besaß hier einen Hof, in dem die einkommenden Abgaben und Zinsen seiner Untertanen aus der Umgebung gesammelt wurden. Die Größe und Bedeutung des Hersfeldischen Besitzes in Lupnitz ging in dieser Zeit immer weiter zurück.

 

Im Laufe des 13/14. Jahrhunderts gewannen besonders Eisenacher Klöster Einkünfte und Besitz in Lupnitz, so das Nikolaikloster, das Marienstift, das Katharinenkloster und das Kartäuserkloster. Von letzterem erwarb Kurfürst Friedrich der Weise 1503 das ganze Dorf Großenlupnitz. Es wurde nun kursächsisches Amtsdorf. (5)

 

Einfluss auf die kirchlichen Belange hatten im Mittelalter in Großenlupnitz vornehmlich die Klöster Hersfeld und Fulda, später auch das Kloster Frauensee. Die kirchlichen Besitzverhältnisse und wohl auch ein Konkurrenzstreben um die Vorherrschaft in dem Gebiet des alten Lupnitz-Fiskus führte zur Gründung von zwei Kirchen in GRoßenlupnitz, der ehemals karolingischen, später hersfeldischen Peterskirche und der fuldaischen Bonifatiuskirche. Die Peterskirche nuss von beiden die bedeutendere gewesen sein, denn sie war eine sogenannte Sedeskirche, Voss spricht von einem "Decanat". Ihr unterstanden, wie man es einer Urkunde von 1506 entnehmen kann, die Pfarrkirchen in Wenigenlupnitz, Melborn, Sättelstädt, Schönau, Farnroda, Mosbach und Eisenach. (6)